Kapitel 02: Gwyn

Dieses war aber schon lange nicht mehr, wo der Drache hinschaute. Vielmehr stand es an dem einzigen Punkt, wo jedes Tier seine Schwachstelle hat, nämlich der Flanke. Links um genau zu sein und mit dem Horn zeigte Kali auf jene Stelle, unter der vermutlich die Nieren lagen. "Eine falsche Bewegung, du Echse, und ich entweide dich..."

Gwyn knurrte tief um beiden die Bereitschaft auf einen Kampf zu verdeutlichen... Sie stellte das gefieder auf und ihre Krallen bohrten sich in den Schnee, der sogleich nachgab... Ihr Schnabel konnte, wenn Gwyn es wollte eine gefährliche Waffe sein... Aber ob sie die Schuppen eines Drachen durchdringen konnten? Sie wollte es erst garnicht ausprobieren... hre Flügel schlugen auf und ab, sie tänzelte etwas hin und her ohne dabei abzuheben... Ihr schweif peitschte hin und her... und ein schnauben entwich ihrem Schnabel...

Einer Katze gleich, die es nicht war, landet das Huftier geschmeidig wieder auf den Beinen und bäumt sich gefährlich wiehernd auf; Horn leuchtend und scharf wie ein Eiszapfen. Noch immer hatte der schwarze Hengst den Greif nicht bemerkt, da seine ganzen Sinne sich messerscharf auf jenes Drachentier fixiert hatten und es ihm möglich machten, auf jede Bewegung gleich zu reagieren. Anstatt jedoch dort stehen zu bleiben, galoppierte der schwarze Blitz erneut auf den Drachen zu, von dem Leuchten wie von einer Art Bannkreis umgeben.

Gwyn beobachtete das durchaus interessante Schauspiel weiterhin... Sie schlug noch ein paar mal mit den Flügeln auf und ab, stellte sich dann annähernd auf die Hinterbeine und drückte sich hoch... dabei zog sie die Vogelartigen Beine an den Körper an, wie ein Pferdn, welches über ein Hindernis sprang. Ihre Läufe lößten sich vom Boden, ein dumpfes Geräusch ertönte jedes Mal, wenn sie die Flügel auf und abschlug... Ihr schweif lohtete das Gleichgewicht aus und schließlich flog der Greif durch die lufte... Die Vorderläufe noch immer angezogen, die hinterbeine nach hinten streckend... Die Federn an ihrer Schwanzwurzel hatten sich fächerähnlich auseinander gespreizt und dienten ebenfalls dem auftrief und der Lenkung... da es schon seit einigen momenten nicht mehr so stürmisch war, konnte Gwyn endlich wieder fliegen. Die Luft, ihr liebstes Element...

Dieses schlägt kräftig mit dem Horn von unten nach oben den Feuerball buchstäblich entzwei und springt dem Drachen entgegen.

Die Greifin spannte die Flügel weit auseinander. Sie war so schon für andere Wesen, wenn es nicht gerade ein Drache war, ein imposantes wesen, doch nun schien sie nur noch größer... Ihr Schatten wurde auf das Schaupiel unter ihr geworfen... sie überflog alles und behielt es genaustens im Auge... Sie wollte gerne wissen, wer in diesem kampf als gewinner herausging... Ab und an schlug sie mit den weißen flügeln, die schwarze Tupfen hatten und an den schwingen schwarz gerandet waren, um nicht an höhe zu verlieren...

Genervt schnaubend blieb Kali schließlich stehen und scharrte mit einem Vorderhuf am Boden. "Kannst du nur abwehren?"

Die greifin blieb die ganze zeit über wachsam und vorsichtig... Sie beäugte das Geschehen unter sich aus sicherem Abstand... Sie zog Kreise über die beiden, wie ein Adler über ein feld flog und nach kleinen Mäuschen ausschau hielt... Im weitesten Sinne war sie ja auch ein Adler... zur Hälfte. Aber auf der Jagd war sie gerade nicht. Ein sogenanntes Pferd und vor allem ein Drache waren ihr gerade als Beutetiere zu groß. Sie spührte den kühlen Wind, den auftrieb den die bekam. Sie zog langsam die Flügel an den körper und flog in einem scharfen Bogen hinab richtung der kebbelei... Knapp flog sie an den abgelenkten wesen vorbei, zwischen beide hindurch und breitete die flügel dann wieder aus und gewann schnell wieder an höhe...

"Hrnnch..Du solltest froh darüber sein...>)", faucht sie, schüttelt ihren gewaltigen, mit einzeilnen Hörnen bestickten Kopf. Kampfeslustig zuckt ihr Schwanz hin und her. Ihre roten Augen glühen dabei bedrohlich.
Das Tier über ihr bemerkt sie zwar, doch lässt es sie völlig kalt.

"Demnach bist du nicht nur hässlich, sondern auch noch feige!", stellt Kali eiskalt fest und behält weiterhin das schuppige Untier im Blick, dabei fällt ihm auch der am Himmel kreisende Falke - falsch, ein Greif? - auf.

Gwyn stieß einen Schrei aus, der an einen Falken erinnerte, wenn er über der Erde schwebte und durch die Wälder und Wiesen hallte...
Durch ein paar Flügelschläge gewann sie wieder an Höhe und glitt ein einem Bogen auf den Winden um die beiden kämpfenden Wesen herum... Sank wieder etwas ab... Dabei beäugte sie weiterhin das Geschehen. Erst jetzt schien das Pferd sie entdeckt zu haben...

"Mich nervt eher das Huhn vor mir!", erwidert Kali kühl und scharrt abermals mit dem Huf.

Gwyn landete einige Meter weit von den beiden Streithähen entfernt im Schnee. Durch ihre Flügelschläge wurde Schnee aufgewirbelt, der dann in kleinen Flöckchen wieder zu Boden fiel... Die Greifin legte die Flügel an den Körper, jederzeit bereit sie wieder auszustrecken und abzuheben... "Sollte dies noch lange dauern?" fragte Gwyn die beiden dann und hob den Kopf... Sie war jung und in einigen Dingen noch unerfahren, das wusste sie selbst, doch das hinderte sie, trotz ihrer Vorsicht nicht daran, sich einfach mal, nach dieser quälenden Langeweile, einzumischen. Sie scharrte mit einer Klaue im Schnee.

"...>)", schwieg Lysira, setzte sich auf ihre Hinterbeine und kratzte sich mit ihren vorderen Krallen an ihren Hörnern, die sich seitlich von ihrem Kopf befanden.

//Sieh an, die Schuppenschleuder hat sogar Flöhe!\\, stellt das Einhorn belustigt fest.

Als sich der Drache auf die Hinterbeine stellte, wurde er noch etwas größer, aber nicht allzuviel, was Gwyn hätte beeindrucken können.
Langsam kam sie näher heran. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie hätte kämpfen wollen. Bisher hatte es allgemein noch nicht viele Kampfhandlungen gegeben außer diese angedeuteten, nichts gebrachten.
Nur der Drache hatte an dem Flügel etwas abbekommen, was wiedereinmal zeigte, dass größe und Kraft nicht ausschlaggebend sein mussten.
Ihre Pfoten und Klauen sanken etwas im Schnee ein, dennoch nicht allzuweit, da sie nicht sehr schwer war und sich ihr Gewicht gut verteilte...
Sie blickte von dem Drachen zu dem Pferd... und wieder zurück.

"Drache, du redest Unsinn...", stellt Kali fest, da er die Aussage "Nagel" nicht im Ansatz nachvollziehen kann. Dass die Menschen solche benutzen, um ihre Kritzeleien an ihre Wände zu packen, weiß er ja, aber ....

Sie wusste, dass sie aufpassen musste. Der Drache und das gehörnte Pferd waren in Angriffsstimmung. Gwyns grauer Schnabel, welcher an der scharfen Spitze tiefschwarz zulief, öffnete sich etwas und ein schnattern kam aus diesem. Kein Schnattern einer Ente, keiner Gans...
Die federnden Fortsätze an ihren Ohren stellten sich auf und sie war nur noch knapp dreißig Meter von den beiden Wesen entfernt. Das Wort 'Nagel' hatte sie noch nie gehört und noch nie hatte sie diese 'Nagel' gesehen...
Bestimmt ein Drachending. Gwyn musterte die ledernen Flügel des Drachen, dachte an ihre eigenen, die sie viel schöner fand. Die weichen, hie und da schwarz gezeichneten Federn... Im gegensatz zu den knochigen Lappen.